Die Geschichte des Geschichtsboden

Hans Schneider beginnt um 1980, sich mit der Geschichte seiner Region zu beschäftigen – oder, wie er selbst schreibt:
Er hat sich den Virus Orts- und Heimatgeschichte‘ eingefangen.
Was ihn interessiert? Im Grunde: Alles.

Besonders das Leben der Menschen in der Familie, der Gemeinschaft oder der ‚Gmoa‘ in all ihren Bereichen. Bald quillt das Haus nahe der Quelle des Erlbachtales, das er mit seiner Frau Anni bewohnt, schier über. Die Ordner und Fundstücke breiten sich vom Keller aus in alle anderen Bereiche des Hauses aus. 
Die Menschen vertrauen Hans Schneider nicht nur ihre Geschichten, ihre Dokumente und Bilder an. Sie übergeben ihm auch immer mehr Gegenstände aus der Geschichte ihrer Anwesen und Familien, die sie bei ihm in den besten Händen wissen. Sie schenken Fundstücke und dazu auch viele Informationen in mündlicher Form, Anekdoten und Erinnerungen. 

Jetzt wird es eng im Haus nahe der Erlbachquelle. In seiner (Platz-)Not wendet sich Hans Schneider an die Gemeinde Buch am Erlbach mit der Bitte, ihm Raum zu geben. Nicht für ihn selbst, sondern für die Geschichte der Heimat, für Sammlung, Archiv und Begegnung. Vergebens!
1998 tritt dann allerdings Johannes Gottinger auf den Plan und baut den Dachboden in einem Gebäude für die Sammlungen Hans Schneiders aus. Die Miete dafür übernimmt dankenswerterweise die Gemeinde.

Das ist die Geburtsstunde des ‚Geschichtsboden‘,
der 1999 feierlich eröffnet wird.

Hier begegnet die Geschichte der Region, von ihrem Erforscher in Form von Dokumenten und Objekten akribisch und liebevoll zusammengetragen, einem interessierten Publikum. Ein harter Kern dieser Geschichtsfreunde und viele Interessierte aus nah und fern treffen sich mehr als zwanzig Jahre lang jeden letzten Montag im Monat, um ein spezielles Thema näher zu erkunden: von ‚A‘ wie ‚Adelsgeschlecht der Pucher‘ bis ‚Z‘ wie ‚Zehntner‘ (in der Region ein Synonym für Lustbarkeiten wie Lichtspieltheater und Musik). 

In diesen zwei Jahrzehnten führt Hans Schneider unzählige Gruppen von Interessierten durch den Geschichtsboden. Er stellt mehr als dreißig Ausstellungen zu Themen der Ortsgeschichte zusammen, die von teilweise tausenden von Besuchern wahrgenommen werden, und er lädt zu fast zweihundert Vorträgen ein, die entweder von ihm selbst oder auch Gästen gehalten werden. 

Der Geschichtsboden wird zu einem Ort
lebendiger Heimatkunde

Der Geschichtsboden wird zu einem Ort lebendiger Heimatkunde, der auch viele ältere Menschen interessiert – jene, die selbst überprüfen wollen, ob das vom Schneider Hans präsentierte Bild der Vergangenheit ihren eigenen Erinnerungen entspricht. Da der Geschichtsboden allerdings beschwerlich zu erklimmen ist, kommt er zu ihnen: Der Heimatforscher packt seine Bestände zusammen, quasi alles vom Feuerwehrschlauch bis hin zur Wärmflasche, und verlegt so den Geschichtsboden kurzerhand ins Seniorenheim.

Als 2017 das Geschichtsboden-Gebäude im Herzen des Dorfes abgerissen werden muss, springt Thomas Bader in die Bresche. Der Inhaber und Geschäftsführer der Ziegelwerke Leipfinger-Bader in fünfter Generation bietet sofort an, in Trägerschaft der Kastulus-Bader-Stiftung dem Gedächtnis der Gemeinde eine neue Heimat zu geben.

Im Stammhaus von Leipfinger-Bader in Vatersdorf, das eng mit der Geschichte der Gemeinde verbunden ist, entsteht der Neue Geschichtsboden – natürlich im Dachgeschoss, wie es sich gehört. Dafür wird der historische Dachstuhl wie auch die gesamte Gebäudeebene aufwendig saniert und ein Aufzug eingebaut. 

Wichtig ist nun auch die Frage, wie man eine über Jahrzehnte gewachsene Sammlung nicht als ‚Endprodukt‘ präsentieren, sondern als Anregung für eine lebendige Auseinandersetzung mit Heimat und Identität in die Zukunft mitnehmen kann.  

Der Neue Geschichtsboden soll der Ort werden, wo sich Vergangenheit und Gegenwart begegnen und wo gesamtgesellschaftliche Entwicklungen mit Einzelschicksalen verwoben werden. Was ein Einzelner angestoßen hat, soll von einer Gemeinschaft fortgeführt werden: offen für Neues, doch dabei wertschätzend dem Alten gegenüber, das uns bis heute prägt. 

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