Heimatforscher Hans Schneider hat ganz schön tief in den Archiven gegraben – doch irgendwann ist er auf ihren Grund gestoßen. Um bis in die Zeit der Kelten und Römer zu gelangen, muss man noch tiefer graben, sich buchstäblich und wortwörtlich durchs Erdreich wühlen. Dies ist ein klassischer Fall für die Archäologie – und die liefert prompt ein paar Augenöffner. Die Augen geöffnet hat uns auch Kreisarchäologe Dr. Thomas Richter, der als Fachmann hilfreich zur Seite stand.

Beim Blick zurück in unsere Geschichte verklären wir die Dinge gerne – umso mehr, wenn die betrachteten Zeiten weit zurück liegen und es keine schriftlichen Zeugnisse gibt. So sehen wir vor unserem geistigen Auge unverfälschte
Landschaften, in denen einige wenige dörfliche Siedlungen förmlich liegen. Dort führten unsere Vorfahren, so mutmaßen wir, ein karges, naturverbundenes Leben. Nur selten entfernen sie sich weiter als einen Steinwurf von ihrem Hof, die weite Welt ist ihnen gänzlich fremd.
Doch wie uns archäologische Funde immer wieder zeigen, hat dieses Bild wenig mit er historischen Wirklichkeit zu tun. In der Region von Buch am Erlbach finden sich stumme Zeugen der Vergangenheit, die unsere Vorstellung einer totalen Abgeschiedenheit während der vorchristlichen Epochen Lügen strafen. Von der sogenannten Hallstattzeit ab 800 v.Chr. bis zum Ende der römischen Kaiserzeit war dieser Landstrich durch seine günstige Flusslage ein Zentrum regen Lebens. Die Isar war schon vor Jahrtausenden ein wichtiger Handelsweg, der die Alpen mit der Donau
verband.

An einer Engstelle des Isartales, die ideal war, um das Gebiet zu überschauen, bestand über 250 Jahre hinweg ein Herrenhof mit rund 50 Bewohnern. Die Siedlung aus der Keltenzeit wurde bei einer Ausgrabung, die sich von 1980 bis 1994 hinzog, nachgewiesen. Wo heute das Gewerbegebiet von Buch am Erlbach liegt, fand sich das dazugehörige Gräberfeld. Hier war auch eine Frau mit ihrem siebenjährigen Kind bestattet, deren reiche Ausstattung nahelegt, dass es sich um eine hochstehende Dame, vielleicht eine Fürstin, handelt. Der kostbare Bernsteinschmuck, der sie auf ihrem Weg ins Jenseits begleitete, hatte den langen Weg von der Ostsee bis nach Niederbayern zurückgelegt.

Im Jahr 15 n.Chr. eroberten Drusus und Tiberius, die Stiefsöhne von Kaiser Augustus, auch diesen Landstrich, der in der römischen Provinz Raetia lag. Auch für die Römer war die strategisch gute Lage wichtig, die an der Strecke zu dem Legionslager Castra Regina – Regensburg lag. An dieser Strecke reihten sich wie Perlen an einer Schnur ‚villae rusticae‘, Landgüter, die auch die Versorgung sicherten. So finden sich hier auch Spuren einer römischen Militärstraße, die eine wichtige Nord-Süd-Verbindung war.
Die ‚villa rustica‘ von Niedererlbach, südöstlich der Flurstraße gelegen, wird 1992 von dem Luftbildarchäologen Klaus Leidorf bei einem Erkundungsflug entdeckt. Zu ihrer Zeit ist sie eine regelrechte Luxusimmobilie, wie eine aus Ziegeln gebaute Fußbodenheizung, ein sogenanntes Hypocaustum, beweist. Teile davon zeigen wir im Neuen Geschichtsboden.

Gesichtsurne
römisches Brandgrab in Niedererlbach
um 200 n. Chr.

Bei den alten Römern war es Usus, die Toten auf einem Scheiterhaufen zu verbrennen. Die Asche wurde in einer Urne gesammelt und in einem Mausoleum oder einem Gräberfeld entlang der Römerstraße bestattet. Eines der am reichsten ausgestatteten Gräber ist das eines Militärs, dessen Asche in einer „Gesichtsurne“ beigesetzt wurde. Das auf dem Gefäß abgebildete Gesicht, das uns auch heute noch sehr beeindruckt, sollte vermutlich Unheil abwehren.

Die Erde, über die wir hier in der Region gehen, ist eine regelrechte unterirdische Schatzkammer. Eine Scherbe, die Sie beim (sehr energischen) Umgraben in Ihrem Garten finden, kann durchaus stumme Zeugin der Anfänge menschlicher Besiedlung sein. Bringen Sie sie also gern bei uns im Geschichtsboden vorbei!

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